Zur Geschichte Bosniens und des Genozids von Srebrenica: Identitätssuche und Erinnerungskultur
»Nie wieder«: ein hehres Wort, das schnell im Zusammenhang mit Genozid ertönt.
Doch wieso erkennen so wenige Menschen die Zeichen der Zeit, wenn dunkle Wolken am Himmel aufziehen?
Die Ausgrenzung der Muslime Bosniens im späten Jugoslawien ist dafür ein Lehrstück. Sie zeigt die Schritte auf, die einer solchen Katastrophe vorangehen. Dazu gehören stets folgende Akteure: eine Gruppe von Machthabern, die durch Ausgrenzung einer schwächeren Gruppe die eigene Position stärken und sich zum Retter vor imaginären Feinden aufschwingen. Und als zweite Seite der Medaille: eine Ethnie, die aus Angst vor Marginalisierung bereit ist, gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Beides zusammen erzeugt ein explosives Gemisch, das in geschichtlichen Umbrüchen eine Gesellschaft in dunkle Abgründe reißt: immer dann, wenn Unsicherheit, wirtschaftlicher Abstieg und Angst vor der Zukunft den dünnen Schutzmantel der Zivilisation zerreißen.
Dieses Buch vermittelt die nötigen Grundlagen zum Verständnis der Geschehnisse in Bosnien aus historischer und sozialwissenschaftlicher Sicht. Nur so kann ein wenig Licht in die verwirrende Gegenwart gebracht werden. Denn wenn sich der Beobachter verunsichert aus dem Thema Balkan zurückzieht, dann droht Vergessen. Und wo vergessen wird, da kann sich die Geschichte des Genozids nur allzu leicht wiederholen: wiederholen, nur unter anderen Vorzeichen.
Dieses Buch ist all jenen gewidmet, die weiterleben müssen mit diesen Erinnerungen, und all jenen, die bewusst an diesen Erinnerungen teilhaben wollen, um eine Wiederholung der Geschichte in Zukunft zu verhindern.